Wednesday, September 12, 2012

1 point plan for Europe

The European dream is about to burst. Within two years a local debt crisis has turned into a European identity crisis. Europe’s international partners and the financial markets have almost given up on the euro and Europe, and have priced into their activities the collapse of the eurozone. But even more important, Europe’s citizens are doing the same: they have lost confidence and trust in their politicians and started to make their own contingency plans. Trust is a valuable resource which fortunately cannot be traded in stock-markets. It is an old-fashioned resource. Trust is created through repeated experience; it must continually be gained, nurtured and confirmed. It takes time to build trust and, in most cases, any venture needs an advance of trust in the beginning. Europe has always been about trust. It started with a tremendous advance of trust in the idea of a united Europe - granted in particular to Germany by France, Belgium and the Netherlands. Over decades, bit by bit, project by project, trust and confidence were being built, in each other and in a united Europe. True, there were also setbacks along the way, such as the failed European Defence Union, Charles de Gaulle’s "empty seat" policy, and Norway's referendum which decided against EU membership. Yet problems also create opportunities to build more trust, because partners who solve problems together will have greater confidence in each other afterwards. This piecemeal approach and joint problem-solving constituted successful basic principles for Europe. They have paid off for everyone in Europe in terms of better, more secure and freer lives. Trust and and confidence are what Europe is missing today. Trust that we will master the crisis together, that the euro is safe, and that all eurozone countries will stick together. Confidence that the countries of Europe will work together in finding and using sustainable ways and means to stabilise Europe, rebuild prosperity, and thus create the basis for Europe to play a responsible role in the world. At this moment, in contrast, citizens and the markets have no confidence in politicians’ ability to master this crisis. And politicians seem to have lost confidence in themselves. They do not trust each other beyond national borders any more. Instead, in almost weekly summit meetings which end at 3am, politicians can be seen arguing and blaming each other. Trust is literally fading away summit-by-summit. Yet these sixty years have shown that Europe can do better. Much of what has been reached was possible because of positive thinking, strong political will and a healthy dose of self-confidence. And there are still good reasons for European self-confidence. Europe as a unit looks still pretty solid in a global framework, based on most OECD indicators. The combined public debt is lower than that of the United States and Japan. Inflation is low and under control. And on most governance indicators - such as functioning institutions, corruption and the rule of law - Europe is still leading by a long way. These are also key factors for investment decisions. Moreover, a joint European Union sports team would have been the clear winner at the London Olympics with a wide margin in front of the US and China in second and third place. That is why we do not need the thousandth five-, seven-, or ten-point plan from think-tanks and public intellectuals to address Europe's crisis, but rather a serious one-point plan. This is to recreate trust and confidence in European unity through joint action, honesty, reliability, fairness and respect, and thus initiate a positive self-fulfilling prophecy. If we manage this, everything else will be possible. But without confidence and the political will in European unity, even the technically best ten-point plans will be obsolete. Also, it's important too to stress that symbols matter. A good start would be if the European heads of state would explain publicly, together and in a united fashion the next steps Europe will be taking. This should be a demonstration of unity and a clear sign that Europe will master this crisis together and that on the decisive issues Europe will not be divided. Instead of a press conference in Brussels' grey council building, why not give a joint statement before the European parliament? And why not do this while holding hands? After all, Willy Brandt, Helmut Kohl and Francois Mitterrand understood the impact of symbols and they used them to great effect in their policies. Historic times call for historic deeds - and symbols. First published on Open Democracy: http://www.opendemocracy.net/andre-wilkens/europe%E2%80%99s-one-point-plan and in German in Financial Times Deutschland http://www.ftd.de/politik/konjunktur/:schuldenkrise-europa-braucht-nur-den-ein-punkt-plan/70093116.html

Was denkt China?

Auf einer Studienreise des European Council for Foreign Relations im September nach China, stellten wir chinesischen Experten und Praktikern aus der Wirtschaft, Politik, Medien und der Zivilgesellschaft die Frage: Was denkt das neue China. Natürlich haben wir keine einfache, eindimensionale Antwort erwartet, trotzdem waren wir überrascht von der Vielfalt der konkurrierende Strömungen innerhalb der Gesellschaft und in der Partei, die in ihrer Pluralität und Offenheit erstaunlich sind. Trotz sichtbarer gesellschaftlicher Erfolge mit einhergehendem immens gestiegenem Selbstbewusstsein gibt es eine tieferliegende Unruhe in der Führung und der Gesellschaft, eine Erwartung, dass der bevorstehende Führungswechsel im Oktober mehr als eine geradlinige Kontinuität der letzten 10 Jahre ist. Von außen betrachtet ist China eine einzigartige ökonomische Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende geschrieben scheint. Im Inneren toben Schlachten darum, wie die nächste Phase, Sozialismus 3.0., aussehen soll. Ökonomisch steht China sehr gut da und auch die pessimistischeren Schätzungen gehen nur von einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf durchschnittlich 7% über die nächsten 10 Jahre aus. Spätestens 2025 wird China die größte Weltwirtschaft sein (aber auch der größte Green Investor). China muss sein Wachstumsmodell überdenken. Auch wenn sich die Krise in Europa und den USA schon jetzt negativ auf die Exportergebnisse Chinas auswirkt, hat China mit seinen geschätzten 3 Billionen $ Devisenreserven noch genügend Spielraum, um die eigene Wirtschaft mittelfristig über ein paar Durststrecken zu bringen. Nach 30 Jahren wirtschaftlicher Reformen und historisch einzigartigen Aufschwungs ist die nächste große Herausforderung der Umbau Chinas in einen Sozialstaat. Die Bevölkerung hat Big Expectations, aber Erwartungen steigen noch schneller als die wirtschaftliche Entwicklung. Bisher hat man sozialen Frieden mit quantitativem Wachstum und steigendem materiellem Wohlstand ‚erkauft‘. Dieser Weg scheint jetzt erschöpft, da sich die Nebeneffekte einer immer ungleicheren Gesellschaft und einer fühlbaren Umweltzerstörung zunehmend destabilisierend auf das ganze System auswirken. In fast allen Gesprächen wurde die stark wachsende Schere zwischen arm und reich angesprochen, die sich in einem Gini Koeffizient von 0,5 ausdrückt, eine ähnlich starke Polarisierung wie in den USA. Gekoppelt mit einer systemimmanenten Korruption und einer (trotz Zensur) breiten öffentlichen Debatte im Internet, ist die soziale Ungleichheit in China jetzt die größte Herausforderung an die chinesische Führung. Ob China noch sozialistisch ist, scheint eher eine Diskussion unter Intelektuellen zu sein. Zutreffend schien mir die Beschreibung der chinesischen Führung seit Deng Xiaoning als ‚Experimental Pragmatists‘. Sie experimentieren mit verschiedenen Modellen und reagieren pragmatisch auf Krisen, um diese im besten Fall in Vorteile zu verwandeln. Erst im Nachhinein wird dann (oft von außerhalb zusammengefasst) eine Strategie daraus. Ist das noch Chinesisch oder schon Merkel? In den Diskussionen zu Chinas Rolle in der Welt wird deutlich, dass Chinas Selbstverständnis und Selbstbewusstsein jetzt durchaus das einer ‚Superpower‘ ist. Bei einigen Gesprächspartnern schlug sich das in einem mehr als gesunden Nationalismus nieder. Aber China ist noch ein Lehrling in ‚How to be a Superpower‘. Als einzig relevanten Akteur in derselben Gewichtsklasse sieht man die USA. Dabei spricht man selten über G2 , da dies als gemeinsame Dominanz der Welt mit den USA interpretiert wird, was man nicht will. Bisher ist China weiter ein Verfechter einer multipolaren Welt, welche aber Chinas zunehmende Bedeutung anerkennen sollte. Europa hat in den letzten 3 Jahren spürbar an Relevanz verloren. Einen großen Anteil daran hat natürlich die Krise in Europa, aber noch entscheidender scheint mir der Wettbewerb der EU Staaten untereinander um die Gunst Chinas. Das macht es für China einfach, die EU Länder gegeneinander auszuspielen, wie gerade wieder Großbritannien in der Tibet Frage. Wenn die Rede auf Europa kommt, wird oft gleich über die Special Relationship zwischen China und Deutschland gesprochen und das deutsche Modell gepriesen. Fast wurde Europa mit Deutschland gleichgesetzt. Frau Merkel war jetzt schon 20 Mal in China, mehr als jeder andere aktive europäische Politiker und auch dadurch hat sich eine fast vertrauensvolle Beziehung entwickelt. Da fällt es umso mehr auf, dass Frau Merkel während ihres Empfangs anlässlich ihres Besuches im September Europa in ihrer Rede nicht einmal erwähnt hat. China ist sich bewusst, dass seine Position als Superpower vor allem auf seiner Hard Power –Wirtschaft, Population, Militär- beruht. Die Softpower Chinas wird trotz Olympiade und wachsendem Netzwerk von Konfuzius Instituten als gering eingeschätzt. Nach dem langen Marsch der Ökonomisierung Chinas stellt sich jetzt öfter die Frage, was außer den materiellen den die Werte der chinesischen Gesellschaft sind. Hier gesteht man vor allem den USA einen riesigen Vorsprung zu. In China selbst ist die Softpower der USA bis in die Führung hinein präsent, denn 50% der Kinder von Politbüro Mitgliedern studieren in den USA. Und bei der jungen Generation ist die USA „sexy wie Lady Gaga“. Europa hat auch noch beträchtliche Softpower, vor allem jedoch unter den Älteren und Intelektuellen. Für mich war die größte Überraschung die enorme Bedeutung des Internets und der Social Media in China, die zu einem echten Transformationsfaktor geworden sind. Es gab kaum ein Gespräch, in dem nicht der Weibo Effekt erwähnt wurde. Weibo ist die rapide wachsende chinesische Variante von Twitter mit z.Z. ca. 350 Mill. Nutzern. Weibo ist in gewisser Weise ein Abbild der chinesischen Gesellschaft mit einer überraschend freien Öffentlichkeit und Meinungsbildung. Ursprünglich von der chinesischen Führung als Gefahr gesehen, hat diese Möglichkeiten gefunden, Weibo zu zensieren und zu moderieren, es aber noch so frei zu halten, dass es eine gewisse Ventilfunktion in der Gesellschaft erfüllt. Gleichzeitig wird Weibo von der Führung genutzt, um kritische Entwicklungen rechtzeitig zu orten und dann darauf zu reagieren. In der jetzigen Form ist Weibo etwas zwischen virtueller Zivilgesellschaft und Big Brother. Kann man davon etwas lernen? Ich denke schon. Trotz der großen internen Herausforderungen und Unruhe wird China das 21. Jahrhundert maßgeblich gestalten. Wenn wir nicht nur dabei zusehen wollen, müssen wir Europäer stärker gemeinsam unsere Interessen vertreten. Deutschland hat in China ein positives Image und sollte dies noch entschiedener einsetzen, um europäische Interessen abzustimmen und gemeinsam durchzusetzen. Dann können wir Europäer neben China ganz vorne in der Welt Liga mitspielen. Als einzelne Staaten sind wir nur Oberliga. Und wir haben gar nicht so schlechte Karten- wir haben ein homogenes Wertesystem, gewachsenen Softpower und ein gut funktionierenden Sozialstaat. Jetzt wo sich China verstärkt gerade in diese Richtung entwickeln will, müssen wir in Europa aufpassen, dass wir unsere Werte, den Sozialstaat und die damit verbundenen Softpower nicht in der derzeitigen Krisendynamik selber untergraben, zurückfahren oder kaputt sparen. China hat es insbesondere seit der großen Finanzkrise des Westens erfolgreich verstanden, Krisen in neue Möglichkeiten zu verwandeln. Ohne gleich das chinesische Model des experimentellen Pragmatisten zu übernehmen, würde uns Europäern eine Prise pragmatischen Optimismus gerade jetzt sehr gut tun. Dies ist ein Beitrag im Rahmen des ECFR Projektes "What does the new China think". Den spannenden ECFR Bericht "China 3.0" kann man hier finden: http://ecfr.eu/content/entry/china_3.0